Orkan auf Knopfdruck
Das Windkanal-Effizienz-Zentrum in Wolfsburg
Die Zielsetzung war klar: Kraftstoffverbräuche und CO2-Emmissionen sollen durch Windkanaltests bei allen Modellen weiter gesenkt werden. So entstand mit dem Windkanal-Effizienz-Zentrum ein Forschungszentrum der Superlative. Er ist Teil eines Gesamtprojektes für die Infrastruktur im Volkswagen Stammwerk Wolfsburg.
Dabei sorgen künftig gleich zwei neue Windkanäle für präzise Messungen unter Extrembedingungen: ein Thermofunktionskanal und ein kombinierter Aerodynamik-/ Aeroakustikkanal. Die Zahlen sprechen für sich, wie ein kurzer Faktencheck beweist.
10 spannende Fakten
Mit einer Grundfläche von 8.800 Quadratmetern bedeckt das neue Windkanal-Effizienz-Zentrum etwa so viel Fläche wie rund 1.000 geparkte Volkswagen Passat.
10.000 m³ Beton flossen in Fundament, Wände und Decken der Gebäude – das Volumen von vier olympischen Schwimmbecken. Dazu kamen 1.500 Tonnen verbauter Stahl, das Gewicht von etwa 680 Touareg.
Für das gesamte Infrastrukturprojekt wurden 3.400 Meter Rohrleitungen und fast 43 Kilometer Elektro- und Datenkabel verlegt. Das entspricht in etwa der Entfernung zwischen Wolfsburg und Wolfenbüttel.
Genau genommen, liegen die möglichen Luftgeschwindigkeiten deutlich über Orkanstärke. Von einem Orkan spricht man nämlich schon ab 118 Kilometern pro Stunde. Die neuen Gebläse pusten mehr als doppelt so kräftig. Sie erzeugen eine Windgeschwindigkeit von bis zu 250 km/h.
Im Thermofunktionskanal kann jede erdenkliche Wetterbedingung der Erde simuliert werden: Sonne, Regen, Schnee, von minus 30 Grad Celsius bis plus 60 Grad Celsius. Selbst Regenwaldklima mit einer Luftfeuchtigkeit von 95 Prozent ist möglich.
Auf dem Rollenprüfstand des Thermofunktionalkanals können Fahrzeuge mit einer Leistung von maximal 1.000 kW / 1.360 PS getestet werden. Einzelne Funktionen, wie zum Beispiel Fahrzeugklimatisierung oder Bremsenkühlung werden hier an die Belastungsgrenze gebracht. Der Wind wird in den beiden Kanälen per Gebläse erzeugt. Im Thermofunktionskanal hat es einen Durchmesser von 4,5 Metern und bringt 2,1 Megawatt. Das entspricht der Leistung von 35.000 Glühlampen mit jeweils 60 Watt. Das Gebläse im Aerodynamik-/ Aeroakustikkanal hat einen Durchmesser von acht Metern und leistet 3,1 Megawatt.
Durch modernste Messtechnik werden Fahrzeugbewegungen wie im Straßenverkehr simuliert. So ermöglicht etwa eine Laufbandwaage präzise Ergebnisse auch bei drehenden Fahrzeugrädern. Schließlich beeinflusst auch die schnelle Radrotation den Luftwiderstand.
Der Aerodynamik-/Aeroakustikkanal ist einer der weltweit leisesten Automobil-Windkanäle seiner Leistungsklasse. Das ermöglicht präzise Messungen zum Beispiel im Fahrzeug-Innenraum. Bei Windgeschwindigkeiten von 160 km/h herrscht nahezu Bürolautstärke.
Für präzise Ergebnisse inmitten des künstlichen Orkans sorgt eine spinnenartig konstruierte Hightech-Traverse aus kohlefaserverstärktem Kunststoff. Über diese Traverse werden Messsonden punktgenau zum Fahrzeug geführt. Selbst bei voller Windstärke liegen die Abweichungen nur im Zehntelmillimeter-Bereich.
Der Neubau ist ein architektonisches Symbol für die hohen Umweltansprüche bei Volkswagen. Natürlich ist das Windkanalzentrum in das „Think Blue. Engineering"-Konzept intergriert. Das Gebäude entspricht modernsten Energie-Effizienz-Baustandards: Beispielsweise wird bei vielen Versuchen mit Umgebungstemperatur gekühlt.
Zusätzlich wurden auch die Arbeitswege innerhalb der Teams verkürzt. Büro-, Besprechungs- und Testräume sind kompakt in einem Gebäude zusammengefasst. Das spart Zeit und Energie.